Wieder setzen wir uns auf eine Bank, inzwischen ist der Horizont etwas heller, minimale Schemen kann man ohne Lampe erkennen, zuwenig, um richtig zu sehen.
Wir gehen zum Futterplatz der Hofkatzen. Tobias sitzt auf dem Geländer der Veranda, eine andere Katze kommt gerade, aber längst ist alles leer gegessen. Sven leuchtet und es ist ein Tigerchen, aber die alte Kassandra schläft, für Isolde ist sie zu plump, vielleicht Biene? Ehe wir rufen können, ist sie weg, die Lampe ist zu hell. Wir laufen hinterher, aber es ist, als wenn sie nie da gewesen wäre. Wir können nicht mehr, sind seit fast 24 Stunden auf den Beinen. Rückkehr ins Zimmer. Enttäuschung auf der ganzen Linie.
Im Schlaf (Schlaf?!) plagen mich Horrorvorstellungen. Biene unterm Trecker, Biene im Wald, Biene verletzt und hilflos, ich kann nicht richtig schlafen. Um 8 Uhr klingelt mein Handy. Leider nicht Tasso, die ich gleich am Vortag noch alarmiert hatte, sondern der Wecker. Sonntagmorgen. Frühstück in einer halben Stunde. Ich habe keinen Hunger. Sven bittet mich zu essen, damit mein Kreislauf nicht schlappmacht. Mechanisch kaue ich auf irgendetwas herum.

Wollen wir reiten, heißt es. Nein, wollen wir nicht, wir suchen Biene. Wir gehen durch das Dorf, erzählen Nachbarn davon, wie auch gestern Abend schon. Bitten, alles zu melden, was auffällt.

Mittagsessen. Wir sind frustriert, haben nichts herausgefunden.
Nachmittags wieder suchen, ein bisschen dösen bei 38 Grad in unserem Zimmer. Jerry liegt immer noch unterm Bett, Flo kuschelt sich an uns.

Abendessen, Pläne für die Nacht machen. Ich reite die Abendstunde mit, nur um kurz an was anderes zu denken. Ich bekomme ein Pferd, was zum ersten Mal mit den anderen geht. Dijah hat Angst, ist aufgeregt und schwer zu halten, nicht das richtige für mein Nervenkostüm. Ich warte auf das Ende der Stunde. Danach wieder schlafen, bis die Kinder im Bett sind und nicht mehr durch die Nacht kreischen.
Wir nehmen unsere Pullis, die Lampe, etwas zu trinken. Rufen, suchen, gucken, lauschen, wieder eine Bank, warten. Wir überlegen uns, was zu tun ist, wenn wir sie in der Nacht nicht finden.

Ich habe zum ersten mal den Gedanken, dass wir sie vielleicht nicht mehr finden, dass wir ohne sie fahren müssen. Sven versucht mir Mut zu machen, er ist aber selbst verzweifelt. Im Morgengrauen, wenn die Pferde rausgehen dürfen und viel zu viel los ist auf dem Hof, gehen wir ins Bett. Können wieder nicht schlafen, stehen früher auf. Auf dem Hof sagt man uns, es sei eine Katze am Kartoffelfeld gesehen worden. Ja, der schwarze Kater, den kennen wir schon, der schmust immer mit uns, obwohl es heißt, er verprügele alle Katzen. Nein, eine fremde Katze, dunkel, aber nicht schwarz. Wir schöpfen Hoffnung, laufen zum Feld, wieder nichts. Wieder Tränen und Verzweiflung. Sven würgt wieder, das geht schon seit Samstagabend. Ich kämpfe die Panik runter, die mich erfasst und in mir hochsteigt.

Wir kehren zum Hof zurück, rufen wieder Bienes Namen.
Sie bleibt wie vom Erdboden verschluckt. Das ältere Ehepaar in dem blauen Haus an der Ecke fragt uns, ob wir sie schon haben. Wir verneinen traurig. Die beiden haben auch zwei Kater. Die kennen wir schon. Sie streiten manchmal mit dem schwarzen Revierkater, so gegen 12, halb 1.

Beim Frühstück am Montag spülen wir den Frust der Nacht runter.

Ein älteres Mädchen, das auch hier Urlaub macht, will Biene gesehen haben. Wir hatten die Tür unten offen gelassen und sie sagte, es ei eine Katze oben gewesen, die ganz schnell weggelaufen sei, als sie aus der Tür kam und auf die Toilette wollte. Kassandra ist die einzige, die nach oben geht, aber sie würde nicht weglaufen, da sie zu alt und auch zu selbstsicher ist. Ob Bienchen versucht hat, zu uns zu kommen? Wir trauen ihr das zu.

Man reicht uns die Adresse der Tageszeitung. Wir fahren direkt nach dem Essen nach Lüchow, wollen eine Suchanzeige aufgeben. Die Dame zeigt mir eine kleine quadratische Anzeige. Zu klein, sage ich, dass überliest man zu schnell. Sie redet über die erhöhten Kosten eine größeren Anzeige, ich werde ungeduldig, obwohl sie sehr nett ist und sage ungehaltener, als es meine Art ist: "Das Geld spielt keine Rolle!" Sie zieht erstaunt die Brauen hoch und wendet sich wieder ihrem Rechner zu. Keine Zeit, um etwas vorzuformulieren. Wir improvisieren den Text, bitten um ein Foto. Das kann man machen, Sven holt seinen Laptop aus dem Wagen, wir suchen ein Foto und bearbeiten es. Man bringt uns einen Datenstick und wir überlassen ein kleines bisschen Hoffnung der Dame von der Zeitung. 85 Euro kostet die Anzeige - ich verschleudere sicher kein Geld und ärgere mich oft über Preise, aber diesmal merke ich nichts. Nur die Erleichterung, dass mein Hoffnungsfetzen morgen schon zu lesen sein wird. Ich will nichts mehr haben, nur mein Bienchen.

Ich möchte Flyer haben. Sven überlegt nicht, sondern sagt gleich, wir brauchen eine Druckmöglichkeit. Schließlich landen wir nach einigem Überlegen in einem Internetcafè. Wir erstellen einen Text mit OpenOffice, kommen mit der Einfachheit dieses Programms kaum klar, sind müde. Ein Kaffee hilft uns.
Fotos brauchen wir, aber der Rechner im Auto wird nichts nutzen, da man ihn nicht mit den vorhandenen Rechnern koppeln kann. Mein Onlinefotoalbum ist die Rettung. Wir kopieren hier die Bilder, müssen die Qualität mindern, da dieses OpenOffice nichts mit JPG-Dateien anfangen kann.
 

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